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Das 4-Ohren-Modell in der Führung

 

Eingeweihte  erleben mich als Fan der quadratischen Kommunikation. Ich achte (meistens) auf Inhalte meiner Botschaften,  spiele mit den unterschiedlichen „Schnäbeln" und messe einer guten und geklärten Beziehung auch in der Führung große Bedeutung bei.

Und ich kriege Botschaften von Anderen auch mal in den sogenannten falschen Hals oder das "falsche Ohr". Und da kommt das 4-Ohren-Modell ins Spiel.

 

Hören Sie in Ihren Teams ab und an genauer hin und betrachten Sie die alltägliche Kommunikation zwischen Ihren MitarbeiterInnen oder KollegInnen aus der Meta-Ebene. Sie werden schnell feststellen, dass Menschen unabhängig von ihrer Tages-Form ganz unterschiedlich auf ein und dieselbe Äußerung reagieren. Disharmonien und unterschwellig schwelende Konflikte zwischen zwei oder mehr Personen fallen schnell ins Auge oder ins Ohr. Bevor wir Mitarbeiter und Kollegen gedanklich in die Schublade "Verbal-Rambo" oder "Mimose" packen, lassen Sie uns einen Blick auf mögliche Ursachen werfen.

 

Warum ist das so?

 

Das hängt zunächst mit der Beziehung zum Gegenüber zusammen:  ist diese grundsätzlich intakt und wird von gegenseitiger Akzeptanz getragen, wird eine Aussage oder ein flapsiger Spruch kollegial genommen. Ist die Beziehung nicht intakt oder gibt es ungeklärte Konflikte, folgt prompt eine Retourkutsche auf eine erstmal harmlose Äußerung. 

 

Dabei kommt es natürlich darauf an, wie die Botschaft vom Sender verpackt, also codiert ist ( Haltung, Ton, Mimik, Schlüsselworte etc.), wesentlich ist aber, wie der Empfänger sie decodiert. Die ankommende Nachricht ist zum großen Teil ein Produkt des Empfängers und steht oft in Zusammenhang mit dessen Selbstwertgefühl oder "Lieblings-Ohr".

 

Nehmen wir die sehr einfache Botschaft „Es ist kein Kaffee mehr da“ vom Sender Schulz in einem Büro an seine Kollegen gerichtet:

 

Aus Sicht von Herrn Schulz können 4 mögliche Botschaften in seiner Aussage liegen:

 

1. Sachliche Information: Der Kaffee ist alle - wir brauchen neuen.

2. Appell: Wir müssen nächstes Mal auf Vorrat kaufen.

3. Selbstkundgabe: Ich bin müde und würde jetzt gern eine Tasse trinken

4. Beziehungsebene: Wir müssen uns einigen, wer von uns neuen Kaffee holen geht.

 

Sein Kollege Meier, hört möglicherweise eine oder mehrere dieser 4 Botschaften:

 

1. Sachliche Information:  Der Kaffee ist alle! 

2. Appell: Hol mal Kaffee!

3. Selbstkundgabe: Ich bin ärgerlich, weil Ihr den letzten Kaffee getrunken habt.

4. Beziehungsebene: Du bist für das Holen zuständig!

und reagiert mürrisch " Lass mich in Ruhe, ich bin nicht dran".

 

Die mit dem Sender befreundete Kollegin Müller hört möglicherweise anderes heraus:

 

1.    Sachliche Information : Der Kaffee ist alle!

2.    Appell: Wer von uns heute Mittag rausgeht, bringt bitte Kaffee mit

3.    Selbstkundgabe: Ich bin aufmerksam und sage Euch Bescheid

4.    Beziehungsebene: Ich wende mich an Euch um Unterstützung - hat noch jemand irgendwo Kaffee?

 

und sie reagiert mit Verständnis "Ich frag mal nebenan, ob die noch Kaffee haben".

 

Ursachen für Missverständnisse können in der Sozialisation und Erziehung der Beteiligten zu finden sein Die Herkunft aus unterschiedlichen Kulturkreisen oder unterschiedlichen Sprachmilieus kann eine Rolle spielen und / oder die Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Kommunikationsmustern.

 

Das Selbstbild des Empfängers spielt allerdings auch eine große Rolle: Ein Empfänger mit negativem Selbstbild oder gering ausgeprägtem Selbstbewusstsein nutzt automatisch das Beziehungsohr als Filter für eingehende Botschaften. So werden harmlose und sachlich gemeinte Aussagen so interpretiert, dass sie das (negative) Selbstbild des Empfängers bestätigen.

Des weiteren kann der Empfänger ein bestimmtes Bild vom Sender haben ( Egoist, aggressiv, freundlich, netter Kollege, kritischer Chef ) und  Äußerungen im Rahmen dieser Zuschreibungen auslegen. 

 

Dies kann im Falle eines Feedbackgesprächs zwischen Führungskraft und Mitarbeiter, in welchem die Führungskraft im Rahmen ihrer Führungsaufgaben Wahrnehmungen schildert "Ich nehme wahr, dass Du häufiger später kommst und früher gehst und Deine Aufgaben nicht vollumfänglich wahr nimmst" dazu führen, dass der Mitarbeiter, sofern er seiner Führungskraft überwiegend Negatives zuschreibt, sich entweder sofort in eine Verteidigungsstellung begibt oder aber in den Angriff übergeht: "Chef, x oder y ist eigentlich schuld daran, dass ich mich so verhalte". 

Beide Verhaltensweisen lassen vermuten, dass der Mitarbeiter die Botschaft der Führungskraft mit dem Beziehungsohr hört und Selbstkundgabe des Chefs und sachliche Aussagen zunächst untergehen. Eine Ursache für die Abwehr des Feedbacks / der Kritik kann wiederum darin liegen, dass der Mitarbeiter sein Selbstbild um jeden Preis aufrecht erhalten will.

 

Richten wir unsere Aufmerksamkeit auf unsere eigenen Filter : Haben wir ein positives Bild vom Gegenüber und uns selbst, hält die Kommunikation einiges aus und ist belastbar. Haben wir vom Anderen oder uns selbst ein eher negativ geprägtes Bild, dann ist die Kommunikation von vornherein belastet und es werden Rabattmarken geklebt. Konflikte sind vorprogrammiert.

 
Zurück zum 4-Ohren-Modell: Jeder von uns hat ein oder zwei „bevorzugte“ Ohren, die  leichter auf Botschaften anspringen als die anderen Ohren.   
Wir müssen uns diese Ohren wie einen großen Filter vorstellen, durch den die Botschaft läuft und auf bestimmte Kriterien geprüft wird. Dies geschieht automatisch in Zehntelsekunden, ohne dass uns dies in dem Moment bewusst wird. 

Wenn z.B. unser rotes (Appell) Ohr ausgeprägter ist als die anderen Ohren,  hören wir den vermeintlich an uns gerichteten Appell zuerst heraus und reagieren entsprechend : wir wollen das Problem sofort lösen. Dies kann z.B. bei Menschen der Fall sein, die in ihrer Kindheit/ Jugend schon früh Fürsorge für jüngere Geschwister oder ein Elternteil übernehmen mussten.

Wenn das gelbe (Beziehungs) Ohr unser Lieblingsohr ist, dann kann ins uns blitzschnell ein anderes Programm ablaufen. Nachrichten gehen erst mal durch den Beziehungsfilter und stellen die Beziehung auf den Prüfstand: „mag mein Gegenüber mich noch?" oder "bin ich etwas wert?". Das kann mit unserem Selbstwertgefühl oder Vertrauen in andere zusammenhängen. Hier projiziert der Empfänger der Nachricht seine eigenen Gefühle ( Misstrauen) auch gern auf sein Gegenüber. 

Wenn unser grünes (Selbstkundgabe) Ohr besonders ausgeprägt ist, achten wir in jeder Aussage des Gegenübers auf sein Befinden und seine Stimmung und zeigen fürsorgliches oder überfürsorgliches Verhalten.

Und ein besonders ausgeprägtes blaues Sachohr nimmt auch deutlich geäußerte Gefühle und Befindlichkeiten kaum wahr und wird sich zum Ärger des Gegenübers ausschließlich auf die Sachaussage konzentrieren.

Wenn wir verstärkt darauf achten, wie wir selbst Botschaften hören und bewerten, dann kommen wir unseren Ohren auf die Spur und können Reaktionen verzögern - und nicht gleich aufspringen und eine Lösung präsentieren, wenn jemand im Büro sagt "es müsste mal jemand...".

 

Wir wissen nicht, wie die Aussage „Der Kaffee ist alle“ wirklich gemeint war, das ist für diesen Beitrag auch nicht wichitg.

Wir sehen, wie unterschiedlich harmlose klingende alltägliche Botschaften gemeint sein oder verstanden werden können und bekommen ein besseres Gespür für Konfliktursachen in Teams oder zwischen zwei Menschen.

 

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass man dieses Beispiel auch mit anderen Kommunikationsmodellen betrachten kann. 
Die quadratische Kommunikation eignet sich jedoch relativ gut dafür, Kommunikationsmuster transparent zu machen und Konflikten vorzubeugen. Wir können die Botschaft sozusagen unter das Quadrat legen.

 

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