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Konfliktkompetenz in der Führungsrolle


Im beruflichen Kontext sind Konflikte vielfach bereits in der Rolle angelegt. Dies betrifft sowohl Führungsrollen als auch fachliche Rollen:

Als Vertriebsmitarbeiter gilt es z.B., Kundeninteressen und die des Unternehmens auszubalancieren. Das Unternehmen möchte unter Preis- und Effizienzgesichtspunkten eine wirtschaftliche Kundenbeziehung, der Kunde hat seine eigenen Vorstellungen zum Preis und zur Qualität der Betreuung. Der Vertriebsmitarbeiter agiert insofern im Spannungsfeld zwischen Kundenzufriedenheit und Ertrags-/Unternehmensinteressen, zwischen denen Unterschiede liegen können aber nicht müssen. Konflikte nach innen (die Führungskraft, die Vertriebssteuerung, die Kreditabteilung) und außen (der Kunde, evtl. noch dessen Berater) gehören dazu.

Als Mitarbeiterin im Beschwerdemanagement ist es täglich Brot, mit unzufriedenen internen oder externen Kunden umzugehen und einen strittigen Sachverhalt möglichst für alle Parteien einvernehmlich zu regeln. Dass dies nicht immer möglich ist, liegt auf der Hand und die Kommunikation ist von vornherein konfliktträchtig. 

 

In einer Führungsrolle gehört es dazu, Konflikte zu managen und die Interessen des eigenen Bereichs und der eigenen Mitarbeitenden zu vertreten. Dabei sollte das große Ganze des Unternehmens nicht aus dem Blick geraten. Konflikt- und Schnittstellenmanagement sind nicht die Ausnahme, sondern eine Kernaufgabe, sonst bräuchte es Führung nicht. Je höher die Hierarchieebene, desto mehr strategische Inhalte fließen in die Rolle ein. Zum vorgenannten Konflikt- und Schnittstellenmanagement ist der strategische übergeordnete Blick gefordert und die Entscheidungskriterien betreffen weniger den eigenen Verantwortungsbereich, sondern sehr viel stärker das Gesamtinteresse des Unternehmens. 

Vielfach ist dies dann eine herausfordernde Aufgabe, denn einerseits sind die eigenen Ziele (Bereichsziele) zu erfüllen. Andererseits gehört es zur Rolle, als Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung, das Unternehmensinteresse im Blick zu haben. Dies kann auch mal Entscheidungen nach sich ziehen, die für den eigenen Verantwortungsbereich nachteilig sind. 


Eine akzeptierende Haltung „Konflikte gehören zu meiner Rolle dazu und sind nichts Außergewöhnliches“ unterstützt das Hineinwachsen in die Rolle und die eigene Resilienz im Sinn „Gesund-bleiben“. 

Menschen, für die Harmonie ein hoher Wert ist und Konflikt und Streit in ihrem Bezugsrahmen eher unangenehm oder unnatürlich sind, brauchen hierfür länger. Diese Führungskräfte tun gut daran, sich eine zeitlich befristete Begleitung durch einen Coach zu holen, der aktuelle Situationen in der Reflexion begleitet, die Konfliktkompetenz trainiert und so den Bezugsrahmen erweitert:

  • Konflikte sind meistens lösbar,
  • Konflikte sind oft interessengesteuert und
  • ein Konflikt bedeutet nicht automatisch Abbruch der Beziehung oder Abwertung der eigenen Person.

Allen Rollen ist gemeinsam, dass der Rolleninhaber zunächst aus der Verantwortung seiner Rolle heraus agiert und im Konflikt zuerst als Träger dieser Rolle, nämlich als Vertriebsmitarbeiter, Beschwerdemanagerin oder Bereichsleiterin vom Gegenüber angesprochen wird. 

Die jeweilige Rolle ist mit Rollenverantwortung verbunden:

  • den Kunden zufrieden stellen UND Ertrag generieren,
  • die Beschwerde zu klären UND die internen Möglichkeiten hierzu zu beachten,
  • die Interessen des Bereichs UND die des Unternehmens zu vertreten.

Was rate ich nicht nur Führungskräften auf dem Weg zu einer Konflikt-akzeptierenden Haltung?

  1. Betrachten Sie Konfliktmanagement als natürlichen Teil Ihrer Führungs-/Aufgabe und nicht als Ausnahmesituation, die es zu vermeiden gilt.
  2. Machen Sie sich die Haltung zu eigen: „Wo Konflikte sind, ist Leben und Ressource für Innovation und Veränderung“.
  3. Begegnen Sie einem Konflikt zunächst neutral und versuchen Sie zu verstehen, wodurch er entsteht und welche Ursachen ihm zugrunde liegen (z.B. unterschiedliche Interessen, Ressourcenmangel, Ängste, Machtkampf).
  4. Verbinden Sie den Konflikt mit Ihrer Rolle und bewerten Sie gegensätzliche Meinungen nicht als Angriff auf Ihre Person. Nehmen Sie Gegenargumente nicht persönlich.
  5. Sofern Angriffe auf Ihre Person stattfinden, z.B. durch Abwertungen, Beleidigungen oder Machtspiele, weisen Sie diese ruhig und bestimmt zurück
  6. Versuchen sie den gemeinsamen Nenner herauszufinden: wo können sich die Konfliktparteien begegnen, ohne dass eine Partei komplett das Gesicht verliert und ohne dass es zu win-lose-Situationen kommt
  7. Wenn ein Konflikt festgefahren scheint, kann eine Unterbrechung durch eine Pause oder ein Vertagen auf einen nächsten Termin dabei helfen, dass die Konfliktparteien sich nochmal untereinander abstimmen und ihre Position neu bewerten. Dadurch kann Bewegung in eine stockende Verhandlung kommen.

Wenn rollenimmanente Konflikte immer wieder mit denselben Personen und/oder in denselben Situationen auftreten, reflektieren Sie die Beziehungsebene zum Gegenüber:

  • Was können Sie konkret dafür tun, die Beziehung zu verbessern?
  • Bedarf die Beziehung einer Klärung (vielleicht fühlt Ihr Gegenüber sich Ihnen unterlegen und überkompensiert mit Abwertung und Drohgebärden; oder Sie fühlen sich nicht wertgeschätzt und reagieren unbewusst oder bewusst ablehnend).

Die berühmte Tasse Kaffee ist in virtuellen Zeiten etwas schwieriger geworden, aber möglich.

Wenn immer wieder Konflikte mit denselben Abteilungen und Bereichen auftreten, kann der Konflikt auch strukturell in den Bereichsrollen (was ist die strategische Kernaufgabe Ihres Bereichs und was die des anderen Bereichs?) oder in der Unternehmenskultur angelegt sein.

 

Konfliktkompetenz kann im Rahmen von Persönlichkeitsentwicklung trainiert werden. 

Den bisherigen eigenen Konflikttyp und das dazugehörige Denken, Fühlen und Verhalten zu reflektieren, ist bereits ein guter Entwicklungsschritt. Techniken und Methoden zur Deeskalation und/oder zur Verhandlung einer win/win-Lösung helfen, die eigene Konfliktkompetenz weiter zu stärken. Nur die Technik zu lernen, ohne sich mit dem eigenen Verhalten zu beschäftigen, ist weder wachstumsorientiert noch langfristig zielführend.


Führungskräfte oder Rolleninhaber, die sich über einen längeren Zeitraum innerlich gegen Konflikte in ihrem Arbeitsalltag sperren, sollten folgendes für sich ganz persönlich bedenken und reflektieren:

  • Ein wichtiger Konflikt, dem ich mich nicht annehme oder den ich ausblende, bleibt in der Regel nicht klein, sondern geht in den Untergrund und wird größer.
  • Wenn ich mich als Führungskraft oder Rolleninhaber in einer konfliktträchtigen Aufgabe innerlich gegen Konflikte sperre, kostet mich die tägliche Arbeit sehr viel Energie und wird sich mittelfristig auf meine Gesundheit auswirken.
  • Jeder Mensch hat das Potential zu Wachstum und in eine neue Rolle darf jeder hineinwachsen.  Sofern es mittelfristig nicht gelingt, die eigene Konfliktkompetenz durch Training oder Coaching hin zu mehr Resilienz und innerer Stabilität zu entwickeln, ist eine Standortbestimmung "Ist dieser Job für mich der richtige" sinnvoll.
    Eine Neuorientierung in eine Rolle, die der Persönlichkeit, den eigenen Kompetenzen und Werten mehr entspricht, kann im Sinne der Gesundheit die richtige Entscheidung sein.

Wenn Sie eine Konfliktklärung oder eine Reflexion zu aktuellen Konflikten in Ihrem Umfeld oder Ihrer beruflichen Situation wünschen, sprechen Sie mich gern an. 

Auch ein einmaliges Klärungs- /Orientierungs-Coaching kann sinnvoll sein.

Fotos auf der Seite: Pixabay

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