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Gaslighting im Management

Unter Gaslighting versteht man die psychische Manipulation und den emotionalen Missbrauch von Menschen, der dazu führt, dass der oder die Betroffene sich der eigenen Gedanken, Gefühle und Wahrnehmungen nicht mehr sicher ist. 

Der Begriff kommt vom Theaterstück Gas Light, in dem ein Mann seine Frau manipuliert und leugnet, dass er Gas Light / flackernde Gaslampen in ihrem Haus installiert hat.

Gaslighting wurde zunächst im Kontext familiärer Beziehungen und Paarbeziehungen gebraucht, wenn z.B. ein Familienmitglied oder Partner*in den anderen psychisch schädigt, verunsichert oder beeinträchtigt.  


Wie läuft Gaslighting im beruflichen Umfeld ab?

Wenn Führungskräfte mit Angst und Verunsicherung führen, um ihre Mitarbeitenden vermeintlich bei der Stange zu halten und deren Anstrengung z.B. ein höheres Arbeitspensum einzufordern, kann es sich um Gaslighting handeln.

Die Fähigkeiten des Mitarbeitenden werden systematisch untergraben und deren Selbstzweifel durch permanenten psychischen Druck erhöht.

Sich wiederholende Bemerkungen wie "Du bist nur hier, weil ich mich für Dich einsetze, also enttäusche mich nicht", können ausreichen, dass sich der Betroffene zunehmend unter Druck und unsicher fühlt.

Toxisches Management-Verhalten kann auch durch unberechenbare Wutausbrüche hervorgerufen werden. 

Die Führungskraft, die in Meetings immer mal wieder einen Mitarbeitenden vor allen anderen richtig "rund macht", trägt genauso zu einer psychologischen Angst-Kultur bei, wie die Führungskraft, die Drohungen ausspricht wie "Wenn einer Ihrer Mitarbeitenden sich mit Corona infiziert, dann ist das Ihre Verantwortung und dokumentiert schlechtes Führungsverhalten".


Die Unsicherheit fühlt sich scheiße an, oder? Haha

Die Seminarteilnehmerin S. berichtete folgendes:

In einer Phase, in der alle Führungskräfte des Unternehmens auf den Prüfstand gestellt wurden und diverse Auswahlverfahren durchlaufen mussten, ging ein Vertreter des Top Managements durch die Abteilung von S. und sprach unter anderem S., die ihre erste Führungsaufgabe gerade eingenommen hatte, mit den Worten an: 

"Na, Frau S., wie geht es Ihnen denn? Das fühlt sich scheiße an, wenn man nicht weiß, ob man den Job behält oder?"

S. reagierte zunächst schlagfertig

"Sie müssen es ja wissen". 

Dies führte dazu, dass sie sich seitdem ernste Gedanken machte, was passieren würde,, wenn sie nicht in ihrer Führungsaufgabe bestätigt wird. Ihre Führungskraft hatte sich ihren kessen Spruch auch gemerkt und nahm sie nun verstärkt in den Fokus.

Es verging bis zum Auswahlverfahren keine Begegnung ohne verunsichernde Kommentare:

"Was machen Sie denn, wenn Sie künftig keine Leiterin mehr sind?" über

"Na, nur noch 10 Tage, da zittern Ihnen die Knie oder?" bis hin zu

"Na, also wenn es nur nach mir ginge, blieben Sie nicht in der Führung".

Meine Klientin war zuletzt so verunsichert, dass sie sich damit abfand, ihre Führungsaufgabe wieder zu verlieren. Im Coaching haben wir an der Stabilisierung ihres Selbstwertgefühls gearbeitet und durch Erarbeitung möglicher Optionen ihre Abhängigkeit von diesem einen Auswahlverfahren relativiert. 

Im Ergebnis hat sie das Auswahlverfahren mit Bravour bestanden, wurde in der Tat in einer anderen Aufgabe aber weiterhin als Führungskraft eingesetzt und erhielt damit auch eine neue Chefin.

In der Reflexion gab sie zu, dass ihr dieses Verhalten über einen Zeitraum von mehreren Monaten psychisch sehr zugesetzt hat und sie froh sei, dass sich für sie alles zum Guten entwickelt hat.


"Irgendwann erwische ich Sie"

Eine andere Klientin A. berichtete im Coaching von ihrer Chefin, die sie pausenlos im Homeoffice kontrollierte. Diese rief A. permanent unter völlig fadenscheinigen Gründen an. Die Anrufe begannen meistens zu Beginn der vereinbarten Erreichbarkeit kurz vor 8 Uhr und setzten sich über den Tag bis abends fort, auch nach der vereinbarten Erreichbarkeit. Sätze wie "Sie müssen immer erreichbar sein" und  "Irgendwann erwische ich Sie schon noch" (wobei blieb offen), führten bei meiner Klientin zu Verunsichern, Angst und Druck. Nach einigen Wochen traute sie sich nicht mehr, zum WC zu gehen und nahm das Telefon kurzentschlossen mit. A. fragte sich, was das Ziel ihrer Führungskraft sein könne. Als sie ins Coaching kam, hatte sie Schlaf- und Magenprobleme.

 

Es war müßig zu ergründen, was ihre Chefin damit bezwecken wollte, ob sie durch Remote-Führung selbst verunsichert war, ob sie diese Machtdemonstration zur Stärkung ihres Selbstwertgefühls brauchte. Insofern hat A. sich darauf konzentriert, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren und mögliche Handlungsoptionen zu erarbeiten.  Da sie ihre Chefin nicht ansprechen oder konfrontieren wollte, hat sie sich im Interesse ihrer Gesundheit innerhalb des Unternehmens auf eine andere Position beworben, diese auch erhalten und fühlt sich seitdem befreit und wieder sicher.


Fazit

Handlungen, die unter Gaslighting fallen, können nur von Personen ausgeübt werden, die bei der betroffenen Person großes Vertrauen genießen oder in einer Machtposition sind und als Autorität gelten. Im beruflichen Kontext ist dies z.B. die weisungsbefugte Führungskraft.

Da Gaslighting kein unbewusstes Verhalten, sondern eine bewusste Manipulation meint, ist dieses Verhalten bei narzisstisch veranlagten Personen oder Führungskräften mit ausgeprägtem Kontrollverhalten häufiger zu beobachten.

Durch Gaslighting wird die Realitäts- und Selbstwahrnehmung des Betroffenen beeinflusst und untergraben, um diese für eigene Zwecke / eigenen Nutzen zu manipulieren. 

Eine Führungskraft, die Gaslighting betreibt, wird bei Konfrontation in der Regel von der argumentativ-sachlichen auf die persönliche Ebene gehen und auch unverhohlen drohen.

Betroffene müssen dies öffentlich machen, ansprechen oder konfrontieren. Wenn sie sich dazu nicht in der Lage fühlen und es keinen unterstützenden Betriebsrat im Unternehmen gibt, hilft oft nur der Ausweg aus der Situation heraus. Dies ist kein Weglaufen, sondern dient dem eigenen Schutz und der Gesundheit.

Du bist in einer Situation, die Dich stark verunsichert und Du möchtest diese reflektieren?

Oder Du erkennst beschriebenes Verhalten an Dir und würdest dies gern verändern?

Dann sprich mich gern auf einen Termin an. 

Fotos auf dieser Seite: Pixabay