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Was ist eigentlich der Halo-Effekt?

Die meisten von uns kennen die Situation:

Wir lernen jemanden kennen und beurteilen diesen Menschen oft vorschnell und zuweilen falsch. Dafür sind der Halo-Effekt und sein Pendant der Horn-Effekt verantwortlich.

Hierbei handelt es sich um einen sozial-physiologischen Urteils- oder Wahrnehmungsfehler, bei dem ein einzelnes Merkmal einer Persönlichkeit so dominant wirkt, dass andere möglicherweise ebenfalls prägnante Persönlichkeitsmerkmale oder Eigenschaften untergehen.

Beim Halo-Effekt profitiert der betreffende Mensch davon, beim Horn-Effekt wirkt sich dieses Phänomen negativ für den Betreffenden aus.  

Der Begriff "Halo" kommt übrigens aus dem englischen und bedeutet Heiligenschein. Das überstrahlende Persönlichkeitsmerkmal wirkt also wie ein Heiligenschein auf andere Personen... oder eben wie ein Horn.


Was genau ist der Halo-Effekt?

Beim Halo-Effekt wird ein einzelnes positives Persönlichkeitsmerkmal so stark wahrgenommen, dass dieses andere Merkmale überstrahlt. Das können Facetten des Aussehens sein, die Körperhaltung, das Auftreten, die Stimme oder die Art, wie jemand spricht. Auch bisherige Erfolge, Einkommen und Status-Symbole können eine entsprechende Wirkung erzielen.

Durch diesen Wahrnehmungsfehler entsteht ein subjektiver erster Eindruck, der objektiv nicht stimmen muss, der aber dazu führt, dass sich z.B. Führungskräfte für einen Bewerber entscheiden oder dass ein Mensch beim ersten Kennenlernen in einer "positiven" Schublade landet und für besonders intelligent, kompetent oder sympathisch gehalten wird.

Der Horn-Effekt als Gegenteil wirkt ähnlich, denn auch dieser beeinflusst unsere Wahrnehmung. Ein spezifisches negatives Merkmal kann dazu führen, dass andere positive Merkmale nicht mehr ins Gewicht fallen. Die Person wird bewusst oder unbewusst abgewertet.

Beide psychologischen Effekte sind deshalb gefährlich, weil sie oft im Unterbewusstsein wirken und nicht bewusst wahrgenommen werden.


Ein paar Beispiele

Bewerbungsgespräche sind ein Beispiel für Situationen, in denen Halo-Effekte oder Horn-Effekte häufiger vorkommen.

 

  • Die Bewerberin auf eine Position als Key Accounterin ist eine attraktive Blondine mit einem sehr gewinnenden Lächeln. Die anwesenden Personaler und auch die Führungskraft sind im Interview von ihr angetan. Sie wirkt sympathisch und alle sind überzeugt, dass es Kunden/Kundinnen des Unternehmens genauso ergehen wird. Dabei werden der Bewerberin aufgrund des hervorstechenden Merkmals Attraktivität auch andere positive Attribute zugeschrieben wie z.B. verkäuferisches Geschick und Fachkompetenz. 
  • Eine Bewerberin um dieselbe Position als Key Accounterin tritt zwar souverän auf, kann ihre korpulente Figur jedoch auch durch hochwertige Kleidung nicht verbergen.  Auch dies kann in einem Gespräch, wenn Korpulenz beim Gegenüber so besetzt ist, dass diesen Menschen wenig Disziplin zugeschrieben wird, dazu führen, dass andere positive Merkmale weniger wahrgenommen werden. 
  • Stell Dir zu guter letzt einen Kandidaten vor, der sich in einem maßgeschneiderten Designer-Anzug um eine Führungsposition in einer Privatbank bewirbt. Er hat ein exzellentes Auftreten, klare Vorstellungen und drückt sich gewählt aus.  Diese Attribute werden in vielen Fällen dazu führen, dass er als kompetent und durchsetzungsfähig wahrgenommen wird, obwohl er dies möglicherweise gar nicht ist.

Wenn der Halo-Effekt wirkt, wird man in Verhandlungen auch Forderungen des Bewerbers / der Bewerberin eher als angemessen einordnen.

Der Halo-Effekt und der Horn-Effekt gehen zurück auf archaische Instinkte.

Um zu überleben, mussten unsere Vorfahren blitzschnell Freund oder Feind erkennen. Insofern machen wir uns bei neuen Kontakten schnell ein Bild vom Anderen, meistens unbewusst und binnen Sekunden. Dabei kann es sich dann um Stereotype oder "Schubladen" handeln, in die wir den Anderen einsortieren.

Für unser Gehirn ist dies durchaus sinnvoll, denn es filtert aus der Vielzahl der Eindrücke wesentliche heraus und reduziert durch Einordnen in "Schubladen" die Komplexität.


Bekannte Halo-Effekte

Wir nehmen Menschen also nicht immer wahr, wie sie sind, sondern wie wir meinen, dass sie sind oder.... wie wir sind.

Bekannte Halo-Effekte sind

  • Similar-to-me-Effekt oder Minime-Effekt
    Wer uns ähnlich ist, muss doch sympathisch..kompetent.. oder ähnliches sein.
  • Primacy-Effekt
    Es wird krampfhaft am ersten Eindruck festgehalten, obwohl andere Aspekte und Signale dagegen sprechen.
  • Klebe-Effekt
    Wenn Menschen lange nicht befördert wurden oder im Unternehmen tätig sind, werden sie oft weniger gut bewertet und seltener befördert. Es muss ja einen Grund dafür geben.
  • Lorbeer- Effekt
    Wenn jemand in der Vergangenheit sehr erfolgreich war, wird dieser Erfolg oft in die Zukunft projiziert, auch wenn die künftige Position möglicherweise ganz anders ist. Wir denken einfach, dass dieser Mensch auch künftig erfolgreich sein wird.

Man kann sich den Halo-Effekt leider nicht abtrainieren - was Du trotzdem tun kannst

Wie können wir jetzt den Halo- oder Horn-Effekt vermeiden?

Grundsätzlich geht das nur über ständige Sensibilisierung der eigenen Wahrnehmung und des Sich-Bewusstmachens.

Wenn jemand also bei der ersten Begegnung besonders kompetent oder sympathisch wirkt, versuche, nicht von diesem Eindruck auf andere Kompetenzen und Persönlichkeitsmerkmale zu schließen. Bewerbungsgespräche sollten generell im Mehr-Augen-Prinzip mit einer sehr heterogenen Besetzung geführt und die Eindrücke dann zusammengetragen und abgeglichen werden.