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Passivität - ein verbreitetes Verhaltensmuster nicht nur in Organisationen


Passives Verhalten ist im beruflichen und privaten Kontext weit verbreitet und es trägt in der Regel nicht zur Lösung oder Abhilfe eines Problems bei. Viele verstehen unter Passivität Verhalten im Sinne "Nichts-Tun", Abwarten, keine Aktivität zeigen. Das ist richtig, aber nur die halbe Wahrheit.

Die Transaktionsanalyse bietet ein Passivitätskonzept auf Basis dessen ich mit Führungskräften reflektiere, wie sie ihr Verhalten in einer Situation einschätzen und auch, ob dies im Hinblick auf die Lösung ihres Problems oder Anliegens sinnvoll ist. Das Passivitäts-Konzept umfasst vier Verhaltensweisen, die manchmal auch als Stufen verstanden werden können: Nichts-Tun, Überanpassung, Agitation und Selbstbeeinträchtigung.


Nichts-Tun - Das kann man (ich) nicht ändern

Nichts-Tun  verbinden die meisten von uns mit Passivität. Oft nehmen wir das Problem zwar wahr, wir schätzen es jedoch z.B. als nicht so wichtig ein (z.B. regelmäßig Pausen zu machen, um unsere Leistungsfähigkeit zu erhalten), halten es für unlösbar ( der Chef ist nunmal ein Choleriker, das ändert sich nicht) oder glauben, wir haben nicht die Möglichkeit, Abhilfe zu schaffen (ich bin machtlos und kann es nicht verändern). Und manchmal sehen wir gar nicht, dass wir ein Problem haben, Außenstehende nehmen den Elefanten im Raum jedoch sehr deutlich wahr.


Überanpassung: Ich will alles richtig machen

Überanpassung: wir verhalten uns so, wie wir meinen, dass andere es von uns erwarten. Das kann soweit gehen, dass eigene Bedürfnisse komplett verleugnet, abgewertet oder gar nicht wahrgenommen werden.

Ein Beispiel dafür ist eine Führungskraft, die unter hohem Druck steht, gute Ergebnisse zu bringen und alles dafür tut, die Erwartungen ihres Chefs zu antizipieren und zu erfüllen. Egal, ob das sinnvoll ist oder die Erwartungen realistisch sind.

Eine Führungskraft, die nicht in die Verantwortung für die Gestaltung ihres Führungsverhaltens geht und erfahrenen Druck 1:1 weitergibt, kann in der Überanpassung sein. Eine mögliche Lösung durch Einbeziehung des Teams und Entlastung ihrer Mitarbeitenden im Sinne von "Ihr seht alle, da steht eine Kuh. Wie kriegen wir die Kuh gemeinsam vom Eis" wird sich nicht zugetraut. Überanpassung ist oft bequemer, weil es möglicherweise ein bekanntes Verhaltensmuster ist, das in der Kindheit erlernt wurde.


Agitation: Ich tue und mache doch und es bringt nichts

Agitation: wenn wir ehrlich sind, kommt uns auch das bekannt vor. Die meisten würden es jedoch nicht mit Passivität in Verbindung bringen, denn sie tun ja sehr viel und laufen immer schneller. Menschen, die agitieren, neigen oft dazu, sich kopflos zu verhalten. Sie sind rund um die Uhr aktiv, machen kaum Pausen und versuchen immer mehr von demselben zu tun. Sie leisten sich noch weniger Pausen und Ruhephasen, ihr Terminkalender ist vollgestopft und sie versuchen, noch mehr Termine zu bewältigen. Mitarbeitende werden von agitierenden Führungskräften unter Druck gesetzt, mehr und schneller zu arbeiten, denn das Problem muss doch zu lösen sein. Meistens werden bekannte Aktivitäten und Strategien eingesetzt, die nicht wirklich dazu beitragen, dass das Thema (schlechte Ergebnisse, hohe Krankheitsquote, schlechte Stimmung im Team, Missverständnisse mit der eigenen Führungskraft) gelöst wird.


Selbstbeeinträchtigung: es geht nicht(s) mehr

Die vierte Verhaltensweise ist Selbstbeeinträchtigung, die sich manchmal auch aus einer Eskalation des vorher beschriebenen Verhaltens ergibt. Manche Menschen schädigen sich selbst, wenn ihr Verhalten zu körperlichen Beschwerden (z.B. Herzrasen, Magen-/Darm-Probleme), Dauergrübeln oder Schlaflosigkeit oder in die Sucht (Tabletten, Alkohol zur Entspannung und andere Drogen) führt. Oder sie werden immer wieder vor einem wichtigen Termin krank, weil ihr Körper sich meldet.


Im ersten Schritt geht es um Wahrnehmung, dass es ein Problem gibt und was das für den Betreffenden bedeutet

Als Coach reflektiere ich mit dem Klienten/der Klientin im ersten Schrittob und wie sie ihr Problem überhaupt wahrnimmt.

 

Da ist z.B. der Bereichsleiter V., der keine Pausen macht und nur einmal am Tag (Spätabends) etwas Gesundes isst, was aufgrund der späten Uhrzeit dann zu Magenbeschwerden führt. Er nimmt während des Tags im Job kein Hungergefühl wahr. Die Unterzuckerung führt  zum Leistungsabfall, zu ungesundem Naschen zwischendurch und Heißhunger-Attacken. Hier besteht der erste Schritt darin, dass V. sein Hungergefühl überhaupt wahrnimmt und sich die Zeit nimmt, regelmäßig etwas zu essen.

Wenn das Problem als solches wahrgenommen wird, dann geht es im zweiten Schritt darum, dessen Bedeutung zu reflektieren: Wenn ich nicht regelmäßig esse, wirkt sich dies auf meine Leistungsfähigkeit und Gesundheit aus. Und ich bin meinen Mitarbeitenden diesbezüglich ein schlechtes Vorbild.

Wer Menschen gut führen will, muss zunächst lernen, sich selbst gut zu führen.

 

Ein anderes Beispiel: Eine Abteilungsleiterin eskalierte jeden Konflikt in ihrem Verantwortungsbereich an ihren Chef. Sie fand dieses Verhalten normal und es stellte für sie kein Problem dar. Eine Reflexion, wie dies auf ihre Mitarbeitenden in Bezug auf ihr Führungsverhalten wirken könnte, brachte sie zu der Einsicht, dass hierdurch ihre Akzeptanz als Führungskraft leidet.


Mit einem Ausloten von Handlungsoptionen und Ausprobieren / Üben neuen Verhaltens kommen wir einer Lösung näher.

Wenn das Problem erkannt und dessen Bedeutung wahrgenommen wird, geht es um die Erarbeitung von Handlungsoptionen. Was kann ich alternativ tun, um das Problem nachhaltig zu lösen.
Eine Führungskraft, die von ihrem Chef dazu angehalten wird, immer mehr Druck auf ihr Team durch sehr enge Führung auszuüben, sollte spüren, dass die Mitarbeitenden immer unsicherer und teilweise rebellisch werden und sich in die Krankheit verabschieden. Sie sollte also Handlungsoptionen entwickeln, wie sie gemeinsam mit ihrem Team einerseits die Ergebnisse verbessern, andererseits ihren eigenen Führungsstil leben kann. Und wenn Handlungsoptionen auf dem Tisch liegen, gilt es im Coaching herauszufinden, welche dieser Alternativen der Klient/die Klientin für sich ausprobieren möchte.
Als Coach begleite ich das Ausprobieren und die Reflexion und ermutige auch bei Rückschlägen, die völlig normal sind. Der Klient lernt neues Verhalten und wird selbstsicherer.


Das Ganze ist manchmal ein längerer Weg

Das Beschriebene ist ein Prozess, der im Coaching gemeinsam durchschritten wird. Jeder in seiner Verantwortung. Und auch wenn es sich so flockig liest, ist das wichtigste, dass der oder die Betroffene das Problem und dessen Bedeutung für die jeweilige Rolle und den dazugehörigen Unternehmens-/Kontext wahrnimmt. Wenn wir im Coaching-Prozess gleich an die Handlungsoptionen und das Ausprobieren gehen würden, liesse die Motivation, Neues auszuprobieren beim ersten Mißerfolg nach.


Sie wollen als Führungskraft autonom und gestaltend mit Freude arbeiten und in Ihre Kraft kommen? Dann sprechen Sie mich gern auf ein Coaching, eine Begleitung oder einen Teamworkshop an, denn auch Teams richten sich zuweilen in Passivität ein.

 

Fotos auf der Seite: Pixabay