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Wann ist genug genug? Oder was muss eigentlich noch passieren?

Es gibt Menschen, die halten an etwas solange fest, bis es sie zerbricht oder so mürbe macht, dass gesundheitliche Folgen wie Schlafstörungen, Herz- und Rückenprobleme bis hin zum Burn-Out entstehen:

💢 Festhalten an Beziehungen, obwohl das persönliche Wohlbefinden immer weniger  Platz findet. 

💢 Festhalten an Freundschaften, obwohl diese sich immer einseitiger hin zum Geben gestalten und Energie fressen statt spenden. 

💢 Festhalten an Jobs und Arbeitsverhältnissen, deren Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen, die krank machen und Wertschätzung und / oder Perspektive vermissen lassen.

💢 Festhalten an einem Arbeitgeber, dessen Unternehmenskultur sich so verändert hat, dass Du sie in Deinem tiefsten Herzen nicht mehr mittragen kannst.

💢 Festhalten an dysfunktionalen Familiengefügen und an Verstrickungen ohne diese anzusprechen, aufzulösen oder Grenzen zu ziehen.

 

Aber auch

 

💢 Festhalten an Verhaltensweisen, die Du "immer so gemacht hast", die heute in dieser Form jedoch nicht mehr stimmig sind.


Was bringt Menschen dazu, lange z.T. verzweifelt oder verbissen an etwas festzuhalten?

Die eine Erklärung hierfür gibt es nicht. In meiner Wahrnehmung sind es immer eine Mischung aus verschiedenen Aspekten, z.B. 

  1. Eigene Werte wie Loyalität, Pflichtbewusstsein und/oder Leistung, um nur drei zu nennen. Unsere Werte sorgen dafür, dass wir unbedingt weiter dazu gehören wollen, dass wir unseren eigenen Leistungsanspruch proportional mit abnehmender Wertschätzung oder steigender Arbeitsbelastung erhöhen und noch eine Schippe drauflegen.
  2. Tief verinnerlichte Verhaltensmuster, die sich z.B. aus inneren Antreibern ergeben können. Eine Grenze zu ziehen "bis hierhin und nicht weiter"  oder aus krankmachenden Beziehungen oder Arbeitsverhältnissen auszusteigen wird dann mit Aufgeben und Verlieren gleich gesetzt.
    Menschen mit einem ausgeprägten "Streng Dich an-Antreiber" strengen sich bei Schwierigkeiten eben noch mehr an. Dahinter steht der Glaubenssatz "Wenn ich es nicht schaffe, habe ich mich nicht genug angestrengt".
    Menschen mit einem ausgeprägten "Sei-stark-Antreiber" können mit einem "Stop" persönliche Schwäche und /oder Gesichtsverlust verbinden. Also stemmen sie sich oft noch mehr gegen die Windmühlenflügel statt für sich selbst zu sorgen.
    Menschen mit einem "Sei-gefällig - Antreiber" versuchen alles, um es dem Partner / der Partnerin, dem Freund oder dem Chef Recht zu machen in der Überzeugung "er/sie muss das doch sehen und würdigen".
  3. Passivität als Verhaltensmuster
    Beim Passiven Denken nehme ich das Problem möglicherweise gar nicht in seiner Bedeutung wahr, sondern werte es ab. Oder ich werte meine Fähigkeiten, die Situation zu lösen ab.
    Beim Passiven Verhalten tue ich z.B. gar nichts (ich mache weiter so) und halte aus oder ich agitiere und tue ganz viel (ich arbeite mehr oder ich gebe noch mehr nach) , aber leider nichts in Bezug auf die Lösung der Situation (ich spreche das Problem an und/oder ich treffe eine Entscheidung).
  4. Und dann können auch andere innere und äußere Dynamiken eine Rolle spielen:
    👉 Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit :"wenn ich die Konsequenzen ziehe, dann stehe ich allein da".
    👉 Angst vor den Konsequenzen: Von Gesichtsverlust "was denken die Nachbarn / Kollegen / Anderen"? bis hin zu der Fragestellung "ob ich je wieder einen Partner/ einen Job finde"?.  
    👉 Eine Frage nach der eigenen Identität "Wer bin ich ohne meinen Job"? "Wer bin ich ohne Ralf, Monika oder wen auch immer"? 

Es geht nicht darum, alles sofort stehen und liegen zu lassen

Nicht falsch verstehen: es geht nicht darum, leichtfertig die Flucht zu ergreifen. 

Oft lässt sich noch etwas in eine positive Richtung entwickeln, wenn Deine Bewusstheit dafür da ist, dass sich etwas ändern muss und dass Deine Grenze, welche auch immer, erreicht ist.

Loyalität und Durchhaltevermögen, die Bereitschaft etwas zu verändern sind Werte und Haltungen, die nicht hoch genug eingeschätzt werden können.

Deshalb frage Dich selbst, wenn Du in einer ähnlichen Situation bist: 

  • Was muss sich für mich ändern, damit es mir gut geht?
  • Was ist mein Beitrag dazu?
  • Was wünsche ich mir von meiner Partnerin / meinem Chef /vom Unternehmen?
  • Welche sind meine Bedürfnisse, was brauche ich dafür? 
  • Welche meiner Werte und Bedürfnisse sind verhandelbar und welche sind nicht verhandelbar?

Und dann sei mutig und mach den Schritt auf Dein Gegenüber zu.


Wenn zu viel passiert ist, handele mutig und entschlossen

Und ja, manchmal ist zu viel passiert: 

  • Grenzen wurden über einen zu langen Zeitraum übertreten,
  • Vertrauen ist erodiert und lässt sich nicht ohne weiteres wieder herstellen
  • der Gesichts- oder Imageverlust z.B. im Job / im Unternehmen sind zu groß
  • Deine für Dich nicht verhandelbaren Werte und Bedürfnisse lassen sich mit diesem Menschen / in diesem Unternehmen / mit dieser Führungskraft nicht realisieren.

Wenn es so ist, dann überlege Dir, was Du willst, handele mutig in der Überzeugung, dass Du es wert bist,

  • eine liebevolle Beziehung zu führen,
  • in einem Team zu arbeiten, mit dem sich die Zusammenarbeit positiv gestaltet,
  • eine Freundschaft zu pflegen, in der Geben und Nehmen im Einklang steht,
  • einen Job auszuüben, in dem Du Deine Stärken leben kannst und Spaß hast, und
  • eine Chefin/einen Chef zu haben, die/der Dir Vertrauen schenkt und Dich schätzt.

Rund um den Jahreswechsel häufen sich erfahrungsgemäß Fragestellungen dieser Art.

Wenn dies bei Dir so sein sollte, musst Du das nicht alleine durchstehen. Hol Dir neutrale wertschätzende Begleitung zur Klärung, zum Feedback oder für den neuen Weg.