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Immer erreichbar? Wie dies nach außen wirken kann!


 

Knigge - Guides für Email-Kommunikation gibt es in diversen Varianten und ich habe dazu auch schon mal einen Blogbeitrag verfasst:

Wie formulierst Du Emails, wen nimmst Du wann in den Verteiler und wie gelingt es Dir, in der Sache klar und zielorientiert, gleichzeitig höflich und sympathisch zu schreiben. neben Form und Inhalt gibt es weitere Aspekte, durch die sich ein Empfänger oder eine Empfängerin einen Eindruck von Dir machen können: Deine ( ggf. ständige) Erreichbarkeit. 

Erreichbarkeit bezieht sich hier auf Dein Antwort-Zeit-Verhalten in Bezug auf Email-Korrespondenz oder Telefon. 

Wie ist das bei Dir? Wir könnte Dein Verhalten auf andere wirken? Und willst Du so wirken?

 


Wie schnell antwortest Du grundsätzlich auf Emails oder Nachrichten?

Erreichbarkeit ist insbesondere in service- und dienstleistungsorientierten Berufen wichtig.

Es gibt zeitkritische und wichtige Themen, die einer sofortigen Antwort und Rückmeldung bedürfen.

Wenn die Geschäftsleitung Deine Antwort dringend erbittet, wirst Du im Rahmen Deiner Möglichkeiten sehr zeitnah antworten. Dadurch erarbeitest Du Dir nach außen das Image von Zuverlässigkeit und Kompetenz. Wenn es um einen wichtigen Geschäftsabschluss geht und Dein Kunde eine Information dringend benötigt, um seine Entscheidung zu treffen, wirst Du ebenfalls zügig antworten.

Wenn Du auch bei weniger wichtigen oder dringenden Themen grundsätzlich innerhalb kurzer Zeit auf Emails und geschäftliche Nachrichten antwortest, kann dies unterschiedliche Gründe haben.

Du

  • möchtest nicht, dass sich zu viele Todos ansammeln
  • arbeitest schnell zu erledigende Themen gern zügig ab, weil Du weißt, dass andere auf Deine Rückmeldung warten 
  • beendest Deinen Arbeitstag gern mit einem leeren Todo-Korb
  • es stresst Dich regelrecht, wenn sich zu viele unerledigte Aufgaben und Emails häufen

Denk dran, dass Dein Antwort-Zeit-Verhalten bei anderen unbeabsichtigt
auch folgende Außenwirkungen hervorrufen kann:

  • Wer grundsätzlich schnell antwortet, "hat die Zeit dazu und nicht so viel zu tun".
  • Dein Leistungsvermögen ist ein "Fass ohne Boden" und da geht noch mehr
  • Du bist nicht in der Lage oder willens, Grenzen zu ziehen
  • Du lässt Dich schnell ablenken (von eingehenden Emails) und konzentrierst Dich im Sinne der nötigen Sorgfalt nicht genug auf Deine Aufgaben
  • Du brauchst Aufmerksamkeit und willst Dich mit schnellen Antworten "anbiedern"

Ich habe früher in einer Führungsrolle auch eine Zeitlang dazu geneigt, Emails, die nicht
unbedingt komplexe und zeitaufwändige Sachverhalte betrafen, sehr zeitnah zu beantworten.
Zwar nicht sofort, aber am Mobiltelefon oder Tablet "mal eben zwischendurch", damit meine Mitarbeitenden und Kollegen zügig weiterarbeiten konnten. Und ich hatte mehr zeitlichen Freiraum für komplexe Themen. 

Eines Tages kam ich darauf zu, wie mein Chef zu seiner Assistentin sagte
"Es ist wirklich lästig, der Kathrin schickst Du eine Email und zack hast Du eine Antwort oder Entscheidung. Das nervt mich. Kann die nicht wie alle anderen auch normal antworten?"

Neben der Frage "was ist normal" hat mich das im ersten Moment geärgert. Diese Äußerung hatte sicherlich auch mehr mit der Persönlichkeit meines Chefs zu tun, als mit mir. Warum ärgert ihn das eigentlich?

Ich habe meinen Chef einige Tage später darauf angesprochen und war über seine Antwort erstaunt.

In seinem Bezugsrahmen standen schnelle Rückmeldungen für "Wichtigtuerei und Strebertum",
und das hat ihn genervt. Ich wäre auf diese Einordnung nie gekommen und war insofern dankbar um die Erweiterung meiner Erfahrungen. Gleichzeitig konnte er damit jetzt besser umgehen.

 

Das Gegenteil kommt natürlich auch vor: manche Menschen antworten grundsätzlich nach einem
gesetzten Termin. Oder sie antworten gar nicht und müssen nochmal erinnert werden. Da kann sich schnell die Außenwirkung einstellen "sie hat ja auch soviel zu tun, die Arme" oder "er hat seinen Job nicht im Griff".

Antworte ruhig häufiger "just in time". Das zeigt einerseits, dass Du gut planen und priorisieren kannst und diese eine Aufgabe unter vielen ist.


Schreibst Du Deine Emails nachts um 2:31 Uhr?

Verfasst Du Deine Emails in der üblichen "Servicezeit" oder
sehr früh am Tag, spät abends oder sogar nachts?

In Zeiten des Homeoffice drohen die Grenzen zwischen work und life zu verschwimmen. 

Gleichwohl gebe ich Dir den Impuls, mal bewusst darauf zu achten, zu welchen Zeiten Du Deine Emails oder Nachrichten versendest. 

 

Erhalten Deine Kollegen und Führungskräfte rund um die Uhr Nachrichten von Dir?
Möchtest Du ernsthaft die Wirkung erzielen, dass Du rund um die Uhr arbeitest? Natürlich ist der erste Gedanke "was für eine top engagierte Kollegin" oder "welch fleißiger Kollege". Es könnte aber auch der Impuls aufkommen "Macht der denn nie Pausen?" , "Die ist wohl überlastet und wird mit ihrer Arbeit nicht fertig" oder " na der Arme, er hat ja sonst nichts anderes".

Auch wenn Du als Chef/Chefin rund um die Uhr Aufträge erteilst, Emails oder WhatsApp-Nachrichten verschickst, gibt es Mitarbeitende, die sich dadurch von Dir unter Druck gesetzt fühlen können.

 

Hierzu ein Beispiel:

Eine Klientin berichtete mir im Coaching von folgender Situation:

Nachdem sie neu im Unternehmen gestartet ist, sei ihr Kollege auf gleicher Ebene zwar in der persönlichen Begegnung ausgesprochen freundlich zu ihr, sie fühle sich jedoch von ihm zunehmend unter Druck gesetzt.

Folgendes war passiert: In ihrer dritten Woche im Unternehmen kam sie morgens um 8 Uhr ins Büro und hatte von besagtem Kollegen eine sehr komplexe Email erhalten mit einer Fristsetzung für ihre Entscheidung bis 7:30 Uhr des gleichen Tages. Sie war sehr irritiert, zum einen, weil sie noch in der Einarbeitungsphase war und noch nicht alle Themen aus dem Effeff kannte, zum anderen, da die Frist bereits verstrichen war.

Sie versuchte nachzuvollziehen, wie sie die Email hatte übersehen können und erkannte später, dass diese nachts um 2:30 Uhr mit Frist bis 7:30 Uhr morgens (mithin 5 Stunden) an sie abgeschickt wurde.

Sie sprach den Kollegen S. daraufhin an und entschuldigte sich. Der liess sie auflaufen und sagte,

das sei nicht sein Problem, er hätte ihr eine Frist gesetzt und wenn sie nicht früh genug anfangen würde, dann sei das jetzt in seinem Sinn entschieden.

Meine Klientin reflektierte die Situation im Coaching. Natürlich war hier ein Machtspiel im Gang:

wer setzt dem anderen Termine und seine Interessen durch.

Zum anderen schien dieser Kollege ein Belastungs-Problem zu haben, unter welchem nicht nur meine Klientin, sondern auch andere im Unternehmen litten. Es galt, dies zu thematisieren, Regeln aufzustellen und Grenzen zu ziehen. S. arbeitete offensichtlich regelmäßig fast die komplette Nacht durch. Andere Kollegen und seine Mitarbeitenden  erhielten täglich Emails, die er im Zeitraum 0:00 bis 5:00 Uhr morgens schrieb und ab 6:30 Uhr war er  bereits im Büro und erwartete die Erledigung.

Da S. komplett uneinsichtig und nicht gesprächsbereit war, hat meine Klientin den gemeinsamen Chef mit ins Boot geholt und das Thema und ihren Eindruck geschildert. Der gemeinsame Chef erhielt diese nächtlichen Emails nicht  und war sehr überrascht.

In Folge wurden Absprachen getroffen, die S. nicht einhielt. Seine Mitarbeitenden hatten sich auch schon beim Betriebsrat beschwert, der an die Geschäftsleitung herantrat.

Im Ergebnis hat das Unternehmen eine Regelung getroffen, in welcher die Zustellung und der Versand von Emails im Zeitraum zwischen 20:00 Uhr abends und 7:00 Uhr morgens technisch unterbunden wurde. 

Nach dieser Neuerung fiel S. ein paar Wochen später mit einem Burnout längere Zeit aus. 


Bist Du im Urlaub oder auf Workation ?

Wir alle kennen Kollegen und Kolleginnen, die auch im Urlaub ständig erreichbar sind.

Das kann bei wichtigen Projekten, in kleineren Unternehmen mit Start-Up-Kultur oder wenn ein neuer Vertreter noch nicht eingearbeitet ist, in Ausnahmefällen so sein.

Wenn Du feststellst, dass Du Dein Tablet oder Smartphone auch im Urlaub immer in Reichweite liegen hast und ständig drauf schaust, frag Dich, ob das wirklich notwendig ist und wie die Aussenwirkung in Deinem konkreten Job und Deinem Unternehmen ist.

Jemand der auch im Urlaub immer erreichbar sein will, könnte als Kontrollfreak oder Perfektionist gelten,

sich für unersetzbar halten oder einfach nicht loslassen können. Möchtest Du so wirken? Es gibt für alles einen Vertreter und dessen Entscheidung kannst Du lernen zu akzeptieren.

 

Und dann gibt es die digitalen Nomaden, die zwei Monate in Dubai und drei in Tarifa arbeiten. Die tagsüber surfen und nachts arbeiten. Wenn das zu Dir,  zu Deinem Job, zur Kultur Deines Unternehmens und die getroffenen Absprachen passt und es Dir gut dabei geht, ist das wunderbar.


Egal wie Du es handhabst, alles hat zwei Seiten. Eine gute Erreichbarkeit ist in vielen Bereichen wichtig, ständige Erreichbarkeit kann sich früher oder später in einem Burnout oder einem Karriere-Knick äußern. Deshalb empfehle ich Dir, dass Du Pausen machst, Laptop, Tablet und Mobiltelefon auch mal ausschaltest und loslässt.

Du willst reflektieren oder Dich dahin entwickeln, Deine Grenzen zu wahren? 

Sprich mich gern an!